Interaktive Klanginstallation, Soundseeing, kubaai-Park, Bocholt, 2021
3 Container, Distanzsensoren, je sechs Audiospuren der Textilwirtschaft, Verstärker, Transducer
Die interaktive Klanginstallation global drifting transponiert Soundscapes verschiedener Bereiche der globalen Textilwirtschaft, wie Produktion, Transport und Lebensraum in den urbanen Raum. Die gespeicherten Klangspuren werden dazu einzeln über Sensoren aktiviert und über die Containerwände abgestrahlt. Sie verdichten sich zu akustischen Atmosphären und stiften ein Gewebe durch Raum und Zeit. Im aktivierten Rezeptionsprozess des Passanten werden schließlich Assoziationsräume eröffnet und der eigene Einfluss auf die globalen Abläufe der Textilwirtschaft allegorisch päsent.
"....Auch die Installation „global drifting“ im kubaai-Park in Bocholt, unmittelbar am dortigen Museum TextilWerk gelegen, ist eine Arbeit, deren Interaktion durch Sensoren ausgelöst wird. In jedem der drei, gut hundert Meter voneinander entfernt platzierten Container – handelsübliche Schnellbau-Container aus profiliertem feuerverzinktem Stahlblech in den Maßen 210 x 210 x 210 cm - sind ringsum sechs kleine opake, mit Distanzsensoren versehene Rundscheiben eingelassen. Sobald ein Passant nah an eine solche Scheibe herantritt, fängt der Container an zu klingen, fungieren seine silberfarbenen Metallwände mittels Schallwandler als Membranen für zuvor aufgenommene und künstlerisch bearbeiteten Aufnahmen aus dem thematisch weiten Feld der Textilproduktion: dem Lebensraum von Arbeiterinnen und Arbeiter in der Textilherstellung, dem Transport der Garne und Stoffe sowie der Fertigung derselben. Die Sounds, mit einer Dauer zwischen dreißig Sekunden und mehreren Minuten, dokumentieren u.a. Güterzüge und Containerschiffe wie -häfen, Teppichklopfen und Schrubben des Bodens, alte und neue Webmaschinen, Handklöppeln, Textilfabriken in Bangladesh - stellvertretend für die riesige, inhumane Textilbranche weltweit -, aber auch verschiedene Wetter- und alltägliche Wohnraumsituationen. In verschiedensten Kombinationen – vom Solo bis zum sechsstimmigen Tutti – können diese Klänge ertönen. Je mehr Sounds an einem Container gleichzeitig durch mehrere Passanten aktiviert werden, desto verdichtender und undurchsichtiger artikuliert sich das Klanggewebe. Fast vergleichbar mit dem einen Hemd, dem einem Kleid, der einen Strumpfhose oder dem einen Paar Shorts, mit der wir unseren Körper verhüllen. Einzeln betrachtet, ergibt das noch keine Komplexität, wohl aber im Kombinieren der Kleidungsstücke. Die Qual der Wahl kennt jeder. Die Qual der Menschen, die mit Haut und Haar für die modische Wahl herhalten müssen, kennen wir indes persönlich nicht. Sie leben zumeist in Entwicklungsländern oder an den Randzonen Europas, bekommen so gut wie nichts für ihre Arbeit, die uns das Leben schöner und auch billiger machen soll. Auf diesen Aspekt wie auf den immensen, die ganze Erde betreffenden und das Klima negativ beeinflussenden Gütertransfer weist Frauke Eckhardt mit „global drifting“ ebenso hin wie, so schreibt sie in ihrem Werkkommentar, auf die „menschliche Notwendigkeit zum Umgang mit textiler Ausrüstung, um sich den klimatischen Verhältnissen anzupassen und weite Teile der Erde besiedeln zu können. Die Entwicklung vom Rohstoff über den Faden zum Gewebe und den dazu benötigten Werkzeugen, zeugen von der Fähigkeit zur Erfindung, beginnend mit der spielerischen Erkundung von Materialien und deren Potentialen. In dieser Analogie steht der Besucher, der zugleich Konsument ist, als eigenverantwortlicher Performer an den Containern“. Stefan Fricke (Auszug aus dem Katalogtext)